In der Ausstellung »Vier Teile vom Ganzen« zeigt CHRISTINE GOTTLOEBER im Blauen Haus in Diessen am Ammersee eine Zusammenschau von vier Werkgruppen mit ganz unterschiedlichen künstlerischen Ausdrucksformen zum Thema »Gesang der Sirenen«
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CUT | TAFELBILD >>>2021
Die Leinwand ist radikal beschnitten und damit unwiderruflich transformiert. Durch den »CUT« wird aus dem Tafelbild ein neues Objekt. Großformatige Leinwände, vor Zeiten gemalte Bildräume, verlieren durch diesen »CUT« die Spannung, den Rahmen. Komposition, Schwerkraft, Perspektive werden aufgehoben zu Gunsten eines Neuen. Das Dauerhafte in den bereits fertig-gewähnten Tafelbildern wird zu einem Vergänglichen.
Der harte Schnitt kostet nicht nur die Kraft durch die vielen Farbschichten und die Leinwand zu schneiden. Er fordert die »Lebens-Energie des Abschieds«, diese Bildräume zu verlassen und die Spuren des Malens in einer neuen Form zu fassen. Schnitte in die Leinwand und die Farbe sind Schnitte in das gelebte und gemalte Leben, die Bildwelt und die Identität der Malerin.
Die gestischen Bewegungen des Malens, geronnen in der Reliefwirkung des Farbauftrags, werden dem Auge durch den knappen Bildausschnitt, wie durch eine Lupe detailreich greifbar. Die Berge und Täler der Farbe, können in den CUTs auch als Topografie einer Landschaft gelesen werden.
CUT-Formate werden modular präsentiert und multipel rekombiniert. Die Formate variieren in Einzelstücken und faltbaren, mehrteiligen Artefakten.
CUT #1 = Format 340 mm x 457 mm | CUT #2 = Format 180 mm x 297
Ein Abgesang... im »Gesang der Sirenen«
GELAGE | ZEICHNUNGEN >>>Projekt Zeichnen
Tische, Gläser, Vasen, Vexier-Kugeln und Körperteile fliegen explosionsartig auseinander.
Zeitscheiben sind aus Bewegungsabläufen gegossen. Auf der Papier-Oberfläche verdichten sich diese Bewegungen zu bildhaften Assoziationen, um sich detailreich dem Blick zu entziehen. Es gibt hier (k)einen Anfang und doch (k)ein Ende.
Aus dem weissen Nichts entsteht, in mehreren Schichten und in einer Mischtechnik aus Kohle, Kreide, Grafit und weisser Acrylfarbe, ein dynamisch bewegter Bildraum.
Verführung… ein weiteres Lied im »Gesang der Sirenen«
THR.OAT.SOU.NDZ | KEHLLAUTE | PHOTOGRAMM >>>Ausstellungsansichten 2018
Körperliche Wirklichkeit Der Hals, die verletzliche Körperstelle, wird in der Nahaufnahme freigelegt und angeboten. Unsere Augen sind der Wirklichkeit im Sofortbild ausgeliefert. Vor diesen kleinen Bildformaten kann der kurze Sehabstand zwischen Betrachter und Abbild zur bedrohlichen Nähe werden. Der Kontext der fotografischen Situation lässt sich nur vermuten.
Sofortbild und Photogramm
, es zeigt Spuren wie unkontrollierten Lichteinfall, Flecken, Schlieren, Einschreibungen, die das Bild verändert haben, während es sich selbst entwickelte.
Die Serie thr.oat.sou.ndz umfasst 63 Fotogramme in Nahaufnahmen. Sie stehen für menschliche Empfindsamkeit und Verletzlichkeit.
Im Sofortbild zu erahnen: die Kehllaute und Stimmen verwehen, während das Abbild bleibt.
Kehllaute… ein Nebengeräusch im »Gesang der Sirenen«
Welt | Die Sandholz-Objekte von Christine Gottloeber verweisen auf die Zuflucht, die Pflanzen, Tiere und Menschen suchen und brauchen. Refugio bedeutet in verschiedenen Sprachen den Ort, an dem wir Zuflucht finden. Und meint zum Beispiel auch das menschliche Grundbedürfnis der Namenlosen, die ihre schützende Familie, ihre Heimat, ihr Land verlassen, die irgendwo anlanden.
Zeit | Bei Vollmond hebt sich der Lech aus dem Schottergeschiebe und schürft sich bei Neumond »ånderscht« wieder ein. Durch diese Macht des Wassers verändert sich der Flusslauf unaufhörlich in der Zeit. Das Schmelzwasser reisst alles fort — unvermeidlich.
Ort | Am Lechufer bei Weissenbach und Martinau schmiegen sich sieben Sandholz-Objekte auf den kargen Schotterflächen. Für ihre Werke verwendet Christine Gottloeber das Schwemmholz, das der Lech ablegt und fügt die Einzelteile mit der eigenen Körperkraft zu einer vielgestaltigen Form.
zuflucht | Die Kreislinie kennt keinen Anfang und kein Ende. Ein Bild für die Vergänglichkeit und die Wiederkehr im forwährenden Kreislauf der Natur. Die runde Form umschließt in ihrem Inneren einen geschützten Raum. Wir könnten uns an unseren eigenen Lebenskreis erinnert sehen und unser ureigenes Schutzbedürfnis.
Seit 2015 baut Christine Gottloeber Sandholz-Objekte auf den Schotterbänken am Tiroler Lech. Im Jahr 2024 entstanden sieben Sandholz-Objekte mit dem Titel REFUGIO.Die Objekte waren auf dem Lechzopf den Sommer über gerade noch zu sehen. Bei Starkwasser, das irgendwann zu erwarten ist, reisst der Fluss alles mit — unvermeidlich. Deshalb wurde eines der Objekte in der Nähe des Naturparkzentrums an der Klemmbrücke an einer »sicheren« Stelle neu aufgebaut, wo es hoffentlich den Winter übersteht.
Die vier Werkgruppen spielen zusammen mit ganz verschiedenen Ausdrucksmitteln und zum Thema »Gesang der Sirenen«. 2019 erschien die erste Ausgabe des gleichnamigen Werkbuchs, in dem die ersten Projekte bis dokumentiert sind. (Hrsg. Thomas Garrecht).
Seither sind weitere Projekte hinzugekommen, die die Ausstellung als Zusammenschau im Blauen Haus in Diessen am Ammersee präsentiert.
Werkbuch Gesang der Sirenen